7 Fragen an Walter Bitzer


Ein Interview mit dem Werkbund

Walter Bitzer im Interview anlässlich der Preisverleihung des Werkbund Labels 2010 in Offenburg.

Ich denke, ich habe im noch jungen Alter zu dem gefunden, was mich bewegt und was ich bin: ich stelle Lebens-Mittel her, handgemacht. Öl als Naturprodukt, Öl als Lebensprodukt, Öl als hochenergetisches Lebensmittel.

Ich recherchiere in alten Büchern nach bisher unbekannten Ölen oder Wirkungen von Ölen. Es ist unglaublich: Alles was wir heute von den modernen Wissenschaften erfahren, ist längst bekannt – man kann es in alten Büchern finden.

Meine Inspirationsquelle ist die Kommunikation mit den Menschen. Das ist sowohl meine Familie wie auch meine Kunden.  Da entdecke ich immer wieder, was meine Öle können: Menschen haben eine bessere Grundstimmung, andere sind von Zipperlein, Plagen oder Schmerzen befreit, die sie jahrelang begleitet haben.

Dann wälze ich alte volksweisheitliche Bücher und suche einen Zusammenhang zwischen der beschriebenen Wirkung und der für das Öl verwendeten Saat. In der Regel finde ich nicht nur eine, sondern noch viele weitere Wirkungen.

Da kommen beispielsweise Kunden in den Laden und erklären unbefangen: “Seit ich Ihr Kürbiskernöl nehme habe ich keine Hämoriden mehr.“ – Und ich finde in meinen Büchern: Kürbiskernöl und Hanföl enthalten viel Chlorophyll und das stärkt das Bindegewebe, aber auch die Magen-Darm-Peristaltik.

So bekomme ich neue Ideen.

Ich war sicher kein einfaches Kind, groß geworden zwischen hochintellektuellen Eltern. Albert Schweitzer besuchte uns in Königsfeld im Schwarzwald wenn er da war. Er hatte dort ein Haus.

Er nahm mich als Knirps mit auf seine Spaziergänge durch Wald und Flur. Was er geredet hat und ob überhaupt, ich kann mich nicht daran erinnern. Aber es muss zwischen uns ein tiefes Verständnis gegeben haben, da floss Energie, die die Inder „Namaste“ nennen. Jedenfalls ist Albert Schweitzer für mich eine Lichtgestalt, sie ist einfach da.

Viel Fachliteratur, etwas Goethe, Philip Roths „Sabbaths Theater“ und, als Krimiersatz, die Geschichte der Inkas und Mayas, beispielsweise „Alles über Atlantis“ Otto Muck. Ein Physiker, überprüft alle Sagen und Legenden zu der angenommenen Rieseninsel im Atlantik aus dem Blickwinkel naturwissenschaftlicher und auch geisteswissenschaftlicher Disziplinen. Ein ethnologischer Geheimtipp der unglaubliche Verbindungen und Gemeinsamkeiten zwischen Finnen, Basken, Ungarn und südamerikanischen Ureinwohnern (Indianern) herstellt. Ich bin auch ein Fan von Heinrich Heine und Max Frisch.

Wenn und überhaupt und dann auch nur vielleicht Leonardo da Vinci oder Nelson Mandela. Der Ötzi wäre auch spannend. Aber auch unsere Zeit hat beeindruckende Persönlichkeiten. Thilo Bode hat Greenpeace maßgeblich mit gegründet und hat vor wenigen Jahren, 2 oder 3 Jahren, die food watchers – die Essenswächter gegründet. Diese Initiative von Thilo Bode ist inzwischen die wichtigste – weil schlagkräftigste – Verbraucherschutzorganisation im Bereich des gesamten europäischen Lebensmittelmarktes geworden. Thilo Bode, von Haus aus promovierter Volkswirt, vergleicht die Entwicklung im gesamten Lebensmittelbereich mit dem Finanzmarkt und seinen menschen- verachtenden Entgleisungen. Da werden Produkte entwickelt, die nicht nur keiner braucht, sondern schlimmer noch, die zerstörerisch und lebensverachtend sind. Alles dies nur, um neue – und im wörtlichen Sinne ‚künstliche‘ Absatzmärkte zu erschließen. Das sind Marketingstrategien, die auf der Desorientierung von Verbrauchern – also Verdummung – aufbauen und nicht auf Aufklärung und Information begründet sind. Eine weitere Persönlichkeit ist mir wichtig und beeindruckend: Das ist Linus Thorvald, der Linuxentwickler, einem freien Betriebssystem, das im Gegensatz zu Windows überall auf der Welt – vor allem in den armen Entwicklungsländern, kostenlos aus dem Internet verfügbar ist. Thilo Bode und Linus Thorvald sind Männer, die mit viel Idealismus und Mut gegen richtig große Konzerne sehr viel erreicht haben und damit vielen Menschen geholfen haben. – Albert Schweitzer habe ich ja schon als Kind kennengelernt.

Zunächst einmal eine alte Freundschaft mit Roland Günter. Sie hat sich gefestigt, als er mich und Gleichgesinnte in Offenburg anregte, eine Bürgerinitiative für den Erhalt des alten Eisenbahnausbesserungswerks zu gründen. Das war ein hochrangiges Industriedenkmal. Erst haben wir gewonnen. Aber dann: Wo Geld und Macht im Spiel sind, haben es lästige Kulturzeugen schwer. Über Nacht wurde abgerissen. Mit dem Werkbund verbindet mich das Engagement um die zeitlose Güte, die der Werkbund fördert. Ich habe das Buch von Roland Günter gelesen: Der Deutsche Werkbund und seine Mitglieder 1907 – 2007, die erste Gesamtgeschichte des DWB – faszinierend, was es alles im Werkbund gab und gibt. Ich habe auch Reisen dazu gemacht.

… eine Mission? In jedem Falle verstärktes öffentliches Einmischen, Polarisieren zwischen Qualitätsmangel und Qualität, ein neues Charisma, Visionen… Gesellschaftspolitische Impulse.

Walter Bitzer im Portrait

Walter Bitzer lernte das Ölmüller-Handwerk in einer Ölmühle in Oberkirch kennen. Bereits während seiner Lehrzeit als Maschinenschlosser und später im Lehrerstudium setzte er sich intensiv mit der handwerklichen Gewinnung von Speiseölen auseinander und hielt Vorträge zu diesem Thema. Er ist ein Ölfachmann.

Als Lehrer spezialisierte er sich auf das „Lernen auf biologischen Grundlagen“ und erarbeitete für seine Schüler Ernährungsfahrpläne und ein Wahrnehmungstraining. Wahrnehmen bedeutet für ihn, Körperwahrnehmung. Denn erst wer seinen Körper kennt, hat den Schlüssel zur Naturerkenntnis.

Dass Öle, Kräuter und Wahrnehmung zusammengehören, zeigt sich in der Projektpartnerschaft mit dem Schaugarten „Gourmieren & Curieren“ in Hofweier. Dort hat Walter Bitzer eigene Skulpturen in Form experimenteller Kunstobjekte installiert.

Walter Bitzer ist Mitglied im Deutschen Werkbund (DWB)

Er unterstützt foodwatch e.V. – die essensretter

und Slowfood Deutschland e.V.

Zur Philosophie und zum Team?